„Man muss ein bisschen Chaos in sich tragen, um einen tanzenden Stern zu gebären.“

Ein Porträt einer lachenden jungen Frau mit blondem, gewelltem Haar, die ein weißes Oberteil trägt und eine Tätowierung am Oberarm hat, vor einem neutralen Hintergrund.

Ich bin Lissy

Die Hände hinter Einfachstahlberg Keramik und Gründerin von Studio Stahlberg.
Laut meiner Oma und meinen Eltern bin ich dieser kleine, kraftvolle, tanzende Stern.

Kunst, Handwerk und alles, was aus Kreativität entsteht – Poesie, Malerei, Mode, Darstellung oder Sport, hat mich schon immer angezogen. Nichts aber hat mich je so vollständig in den Bann gezogen wie die Keramik. Sie war schon Immer eine stille begleiter*in: kleine Tassen, die ich mir in besonderen Momenten kaufte oder geschenkt bekam und vieles mehr.

Für mich sind Tassen und Keramik kleine Gefäße voller Geschichten und Emotionen.

Der Weg zu Studio Stahlberg

  • Irgendwie wussten alle immer, was sie mal werden wollen.

    Nur ich nicht.

    Naja wobei, ich träumte von eigenen Läden, von Synchronsprecher-Jobs, von Märkten und der Artistik, eben von all dem, was in keiner dieser typischen Berufsbroschüren stand

    Ich kannte diese Welten von meinen Eltern und wusste, wie schwer sie waren.

    Und auch wenn meine Eltern mir bei der Berufswahl alle Freiheiten lassen wollten, stand auf ihrer Wunschliste keiner dieser dinge und vor allem keine Selbstständigkeit.

    „Macht, was ihr wollt“, sagte meine Mutter zu mir und meinen Geschwistern, “aber bloß keine selbstständigkeit.“

    Also blätterte ich brav, mit Textmarker in der Hand, durch die Seiten der Berufs Broschüren und markierte alles, was mir nicht vollkommen langweilig erschien, doch meine Striche blieben jedes Mal bei den unerreichbaren Berufen hängen.

    Zu dumm.

    Zu schwach.

    Zu wenig.

    Erschien ich mir für das was mich interessierte und wieder und wieder blätterte ich und versuchte, meine Träume herunterzuschrauben.

    Ähnlich wie bei der Wohnungssuche: Man träumt von hohen Decken, Altbau und Holzfußboden und landet schließlich in einer kleinen, komisch riechenden Laminatwohnung und redet sich ein, das wäre doch auch ein schöner Traum.

    Egal wie oft ich blätterte: Es ergab sich nicht dieser eine Weg, kein klares Ziel, nichts, das sich wirklich richtig anfühlte.

    Dabei wollte ich es so sehr, den klassischen Weg, wie meine Freundinnen, etwas haben, worauf ich hinarbeiten konnte.

    Nach vielen Überlegungen und etlichen Bewerbungen flatterten mehrere Zusagen in meine Laminatwohnung.

    Und schließlich entschied ich mich für die Ausbildung zur Physiotherapeutin.

    Ein neues Leben, in einer neuen Stadt.

    Und dann endlich - ich fand ihn:

    den Job, den ich wirklich lieben konnte.

    Ich entdeckte meine Freude an Wissen, daran, Menschen etwas beizubringen, in die Tiefe zu gehen, mit den eigenen Händen zu arbeiten und wirklich etwas zu bewirken und zu spüren, wie Patient*innen neue Wege fanden und Hoffnung schöpften.

    Ich mochte das Lernen, die Körperarbeit, die kleinen Fortschritte und ich war gut in dem was ich tat.

    Doch genau dann kam das Leben dazwischen.

    Ich verlor einen meiner zwei Väter, nach langer Begleitung - ein Schmerz, der mich taumeln ließ und alles um mich taub machte.

    Ein halbes Jahr später, hatte ich einen Unfall, der mich selbst an den Rand des Lebens brachte und schwere Folgen hinterließ.

    Alles stellte sich auf den Kopf.

    Ich stand plötzlich vor dem Nichts.

    Das, was ich mir gerade aufgebaut und hart erarbeitet hatte, war weg.

    Alle Pläne - bedeutungslos.

    Was danach kam, ist eine eigene, leise Geschichte - eine, in der sich Trauer, Stillstand, Selbstfindung und Hoffnung langsam vermischen.

    Und aus genau dieser Zeit ist Studio Stahlberg gewachsen.

    In dieser Stille kamen Erinnerungen zurück, verschwommene Bilder, mehr Gefühl als klare Szene.

    Ich sah Hände, Gesichter, Staub und Freude. Ich träumte von Backsteinmauern, Kopfsteinpflaster, von einer Töpferwerkstatt voller Menschen, die lachten, sich im Ton verloren, Tee und Kaffee in der Hand hielten und sich einfach Zeit für sich selbst nahmen.

    Ich spürte plötzlich diesen betäubenden Wunsch, selbst zu töpfern.

    Ich wollte genau das: einen Raum gestalten, ihn mit Leben, Wärme und Liebe zum Detail füllen - mein eigenes Keramikstudio.

    Völlig verrückt, absolut unrealistisch. Denn damals hatte ich noch nie Ton zwischen den Händen gehalten.

  • Der Wunsch, selbst zu töpfern, wurde immer größer – und doch war er lange unerreichbar. Ich konnte es mir nicht leisten und versuchte, mich auf anderes zu konzentrieren. Doch immer wieder merkte ich, wie ich zu dem Traum zurück kam.

    In der Weihnachtszeit erzählte ich meiner Mama nebenbei, fast beiläufig, in einem „So-sehe-ich-meine-Zukunft“-Gespräch von diesem Traum. Und dann - hielt ich, kurze zeit später, an Weihnachten plötzlich einen kleinen Brief von meiner Mama in den Händen, dort drinnen ein kleiner Zettel, mit ihrer wunderschönen Schrift geschrieben stand dort: Anfängerinnen Töpferkurs für meine Lieschen.” Für uns beide war es ein großes und wertvolles Geschenk und ich mein glück kaum fassen.

    Der Kurs selbst war alles andere als perfekt. Nach einer kurzen Einführung verließ die Kursleitung den Raum und wir sechs saßen da, ohne zu wissen, wie es weitergeht. Ich hätte am liebsten geheult, weil ich nicht mal mehr den ersten Schritt wusste.

    Doch irgendwie war dieser Moment entscheidend und wichtig, denn ich gab nicht auf und probierte mich aus. Ich wollte es verstehen, diese material kennenlernen, herausfinden, wie der Ton funktioniert, wie er mit mir arbeitet und lebt. So ging ich immer wieder stur in die Werkstatt und scheiterte ständig doch jedesmal lerne ich etwas.

  • Kurz darauf zog ich für meinen damaligen Partner nach Köln.
    Ich kannte Köln nicht und um ehrlich zu sein, ich hatte auch gar keinen Bock.

    Ich fühlte mich unsicher und ziemlich allein.
    Und auch wenn es nicht das erste Mal war, dass ich viel zu spät Umzugskartons packte und meine Freund*innen mir beim Schleppen halfen - diesmal war es anders. Es fühlte sich schwerer an.

    Ich heulte die ganze Fahrt von Marburg nach Köln.
    Zum ersten Mal wurde mir richtig bewusst, was in dieser Zeit alles passiert war und was für wundervollen Freund*innen ich hatte, wie sie für mich da waren, mich aufgebaut hatten und wie sehr ich selbst darum gekämpft hatte, nicht aufzugeben.

    Mit diesem Umzug fühlte es sich an, als würde ich all das zurücklassen.

    Ein kleiner Trost war das Töpfern.
    Denn ich nahm einen Job an, auf den ich eigentlich überhaupt keine Lust hatte aber er ermöglichte mir, das ich mir das Töpfern leisten konnte.

    Heute liebe ich übrigens genau diesen Job in der Pädagogik.
    Er erfüllt mich und lässt mich jeden Tag Neues lernen - über Geduld, Menschlichkeit und all die kleinen Dinge, die später auch beim Töpfern wieder auftauchen.

  • In der neuen Töpferwerkstatt angekommen war alles neu. Zuvor hatte ich meist an einer manuellen Scheibe gearbeitet – jetzt saß ich an elektrischen Drehscheiben, die sich ganz anders anfühlten. Wieder wusste ich nicht, wo ich anfangen sollte. Alles, was ich mir zuvor mühsam beigebracht hatte, schien verschwunden. Also probierte ich wieder, schaute anderen zu, lauschte ihren Gesprächen und versuchte zu spüren, was der Ton mir sagen wollte.

    Und was soll ich sagen: Ich war erneut schockverliebt.

    Morgens, gleich nach dem Aufstehen, dachte ich auf dem Weg zur Arbeit an die Drehscheibe und durchstöberte Pinterest nach Inspiration. Kurz vor Feierabend klopfte mein Herz, weil ich wusste: Gleich geht es wieder ins Studio. Abends blieb ich dort bis tief in die Nacht, verbrachte Stunden, Tage, Nächte - lernte, scheiterte, probierte neu.

    Ich tauschte Partys gegen Studioabende und schickte meinen Freundinnen Sprachnachrichten, als wäre ich frisch verliebt, als hätte ich ein Date gehabt, von dem ich unbedingt erzählen musste. Und vielleicht war es das auch - ein Date mit mir selbst, mit dem Ton, mit dem Handwerk.

    Die Zeit verlor sich, der Alltag rückte in weite Ferne und ich fand eine Ruhe, die ich nie gesucht, aber dringend gebraucht hatte.

  • Weil ich so viel Zeit im Studio verbrachte, wurde ich bald gefragt, ob ich Studioassistentin werden möchte. Ich konnte mein Glück kaum fassen und zögerte keine Sekunde auch wenn es ein Sprung ins absolut kalte Wasser war.

    Ich bin über diese Erfahrung sehr dankbar!
    Ich erinnere mich noch, wie ich beim ersten Schrühbrand sechs Stunden brauchte, um alles einzuräumen. Heute muss ich darüber schmunzeln – damals war es purer Ernst und kostete viele kleine nerven Zusammenbrüche.

    Plötzlich war ich Teil des Studios, half hier und da und merkte, wie viel Freude es mir machte, mein Wissen zu teilen und von anderen zu lernen. Gleichzeitig lernte ich selbst unendlich viel, jedes Gespräch, jeder Austausch war eine neue Lektion.

    Und immer öfter hörte ich die Frage: „Lissy, wann machst du eigentlich deine eigenen Kurse?“
    Anfangs habe ich geschmunzelt. Doch je öfter die Frage kam, desto öfter stellte ich sie mir selbst.

  • Ich erinnere mich noch, wie eine Freundin, die auf der Durchreise bei mir übernachtete, zu mir sagte: „Verkauf deine Sachen doch einfach.“

    Natürlich war ich selten zufrieden. Oft wollte ich heulen, wenn ich die Ergebnisse aus dem Brand holte, weil sie so viel kleiner waren, als ich sie mir erträumt hatte. Doch mit jeder stunde für stunde im studio wurde ich besser.

    Kurz darauf eröffnete eine andere Freundin in Marburg einen wunderschönen Laden und fragte mich, ob ich dort Keramik ausstellen möchte. Noch am selben Abend war klar: Das ist mein nächster Schritt.

    Von da an fanden meine Arbeiten ihren Weg hinaus aus meine schränk zu rein in die Läden – erst nach Marburg, dann auch nach einiger Zeit auch nach Köln.
    Was als kleine Idee begann, wurde plötzlich Wirklichkeit: meine Tassen, Schalen und Vasen wanderten hinaus bis zu euch nach Hause.

  • je mehr Zeit ich mit dem Ton verbrachte, desto klarer wurde mir:
    Ich möchte diesen Traum vom eigenen Studio wirklich erschaffen.

    Immer wenn ich an leerstehenden Läden vorbeilief, blieb ich kurz stehen und träumte.

    Zugleich wurde das Jonglieren zwischen Job, Pendeln und Studiozeit immer mehr zur Belastung.
    Meine Energie reichte nicht mehr aus,
    und die Liebe zum Töpfern litt.

    Ich spürte: so geht das nicht mehr und Ich muss weitergehen.

    Und dann war da dieser Ort. Ein Ort, der zwar unerreichbar schien, mich aber magisch anzog.

    Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich durch die Südstadt lief und plötzlich vor diesem Innenhof mit den kleinen Ateliers stand.
    Kopfsteinpflaster, Backstein, ein Hauch von Industrie und ein kleiner Stern an der Wand.

    Für mich war es wie ein Zeichen: Da ist es.
    Fast genauso, wie ich es damals geträumt hatte.

    Es hat lange gedauert, bis sich Türen öffneten und es war alles andere als einfach.
    Ich tüftelte Nächte durch, telefonierte mit Ämtern, schmiedete Pläne, erstellte Listen und verwarf sie wieder.
    Stück für Stück nahm alles Form an.

    Zum Glück hatte ich meinen zweiten Papa, der mir half, ein für mich völlig neues Gebiet zu verstehen - Excel-Tabellen, Strukturen, Zahlen, Formulare.
    Er erklärte mir all das geduldig und liebevoll.

    Und so wurde - Stück für Stück,
    mit viel Arbeit, Hoffnung
    und auch ein bisschen Chaos im Herzen, der Traum Realität: Studio Stahlberg.

  • Heute ist es mehr als nur ein Studio im Hinterzimmer.
    Es ist ein Raum, den ich mit Liebe durchdacht habe - jede Ecke, jedes Detail.
    Ein Ort zum Ankommen, Ausprobieren, Wachsen. Ein Ort, der für mich Heilung war und nun für andere geöffnet ist.

  • Und auch wenn ich vieles allein getragen habe – ohne die Menschen an meiner Seite wäre dieser Traum niemals so schön geworden. Er ist geprägt von den Ideen, Impulsen und der Unterstützung all derer, die mich begleitet haben: von meiner Familie und meinen Freund*innen, die mich durch vieles getragen haben,bis zu den Menschen, die jetzt tatkräftig mit mir überlegt, geträumt, gebaut, gewerkelt und gestaltet haben.

    Vieles im Studio ist selbstgemacht, aus Liebe entstanden und getragen von Gemeinschaft.
    Es trägt die Kraft und Aufmerksamkeit meiner Mama, die mich mit ihrem Geschenk auf diesen Weg gebracht hat. Es trägt die Kreativität und das Auge meiner Oma, die immer an meinen Stern geglaubt hat. Es trägt die Erinnerungen an meinen Papa, den ich verloren habe und der mich trotzdem weiter begleitet. Und es trägt die tatkräftige Unterstützung meines zweiten Papas, der mit mir Pläne schmiedete, Zahlen ordnete und mir half, aus Chaos Strukturen zu bauen.

    Studio Stahlberg ist für mich das Herzstück meines Traums – und doch erst der Anfang. Denn auf meiner Liste steht noch so viel mehr.
    Ich bin gespannt, wie es wachsen darf, welche Begegnungen hier entstehen und welche Geschichten der Ton noch schreiben wird.

Nimm Kontakt mit uns auf

Hast du Interesse an einer monatlichen Mitgliedschaft bei uns im Studio, möchtest zur offenen Werkstatt vorbei kommen oder dir mit deinen Freund:innen einen Kurs buchen?

Du erreichst uns über das Kontaktformular.